Frauen in Führungspositionen
In Österreich wird der Großteil der Führungspositionen von Männern besetzt, obwohl der Frauenanteil in den Führungsebenen in den letzten Jahren gestiegen ist. Wir beleuchten im Detail, warum Frauen in Führungspositionen unterrepräsentiert sind und was dagegen getan werden kann.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Frauen und Männer sind in Österreich in leitenden Positionen alles andere als ausgewogen vertreten: Nur 32,9 Prozent der Leitungspositionen werden von Frauen besetzt.
- Um in Unternehmen und Organisationen ein Umdenken hin zu einer inklusiven Unternehmenskultur zu ermöglichen, wurden in Österreich viele verschiedene gesetzliche Rahmenbedingungen umgesetzt, darunter auch verpflichtende Frauenquoten.
- Die Ursachen für die Unterrepräsentanz von Frauen in Leitungspositionen sind vielfältig und reichen von strukturellen Barrieren, starren Rollenzuteilungen, einer hohen Arbeitsbelastung und der Schwierigkeit, Familie und Beruf zu vereinbaren, bis hin zur Diskriminierung am Arbeitsplatz.
Status quo: Frauen in Führungspositionen in Österreich
In Österreich werden laut Statistik 32,9 Prozent der Leitungspositionen von Frauen eingenommen. Frauen sind in Führungspositionen also nach wie vor unterrepräsentiert. Und das, obwohl knapp die Hälfte der Arbeitskräfte in einem Angestelltenverhältnis (48,4 Prozent) weiblich ist.
In der Europäischen Union beträgt der Führungsanteil von Frauen durchschnittlich 37 Prozent. Österreichs Frauenanteil liegt damit unter dem EU-Durchschnitt. Ausgeglichen ist der Frauenanteil in Führungspositionen in Lettland, hier liegt der Frauenanteil bei 53 Prozent, gefolgt von Bulgarien (49 Prozent) und Polen (48 Prozent). Im internationalen Vergleich schneidet Österreich noch schlechter ab: In der Analyse der wirtschaftlichen Teilnahme von Frauen belegt Österreich von insgesamt 146 Ländern nur den den 74. Platz.
Gesetzliche Rahmenbedingungen
In Österreich gibt es verschiedene gesetzliche Rahmenbedingungen, die darauf abzielen, den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen:
Börsennotierte Unternehmen sind verpflichtet, eine Frauenquote zu erfüllen. Diese wird im Gleichstellungsgesetz durch eine Geschlechterquote im Aufsichtsrat (GFMA-G) erfüllt. Seit 2018 gilt ein verpflichtender Frauenanteil von 30 Prozent. Wird gegen diese Mindestanteilspflicht verstoßen, dann gilt die Aufsichtsratswahl als nichtig und das Mandat wird nicht besetzt.
Zusätzlich ist ein Mindestanteil von 20 Prozent Arbeitnehmerinnen in der Belegschaft Bedingung.
Diese Regelung betrifft in Österreich
- alle börsennotierten Unternehmen
- und nicht börsennotierte Gesellschaften, die mehr als 1.000 Mitarbeiter_innen beschäftigen.
Die gesetzliche Frauenquote zeigt, dass gesetzliche Maßnahmen im Bereich der Gleichstellung wirken: Die Frauenanteile in den Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen sind von 16,1 Prozent im Jahr 2017 auf 36,5 Prozent im Jahr 2024 gestiegen.
Auch staatsnahe Unternehmen, also Unternehmen, an denen der Staat mindestens zu 50 Prozent beteiligt ist, haben selbstverpflichtend eine Quotenregelung eingeführt: 2011 wurde festgelegt, dass bis Ende 2013 ein Frauenanteil von 25 Prozent und bis Ende 2018 ein Frauenanteil von 35 Prozent zu erreichen sei. Im Jahr 2020 wurde beschlossen, den Frauenanteil in den Aufsichtsratsgremien staatsnaher Unternehmen auf 40 Prozent zu erhöhen. Auch diese Vorgaben haben ihr Ziel erreicht: Die Frauenquote in staatsnahen Unternehmen liegt aktuell bei 50 Prozent (Stand: 2022). Aufholbedarf gibt es jedoch noch beim Frauenanteil der geschäftsführenden Personen staatsnaher Unternehmen. Dieser beträgt 18,5 Prozent (Stand 2024).
Neben diesen konkreten Quotenregelungen gibt es noch viele weitere gesetzliche Bestimmungen, die auf mehr Diversität in Unternehmen und deren Führungsebenen abzielen. Auch das Gleichbehandlungsgesetz ist eine wichtige Grundlage, um eine Gleichstellung von Mann und Frau am Arbeitsmarkt zu erzielen.
Warum sind Frauen in Führungspositionen unterrepräsentiert?
Dass in Österreich mehr Männer Führungspositionen einnehmen als Frauen, ist Fakt. Doch warum schaffen es mehr Männer in eine Leitungsposition, obwohl Frauen im Durchschnitt eine höhere Ausbildung haben? Wir haben uns die Gründe genauer angesehen:
Traditionelle Rollenbilder: In unserer Gesellschaft werden Frauen und Männer mit bestimmten Rollenbildern assoziiert. Das Rollenbild der Frau als fürsorgliche Mutter, Hausfrau und Partnerin ist nach wie vor aufrecht. Diese traditionellen Rollenbilder und damit einhergehende gesellschaftliche Erwartungen können dazu führen, dass Frauen keine Führungsposition anstreben.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Erst durch das Sammeln von Berufserfahrung steigen die Chancen, eine Führungsposition einzunehmen. Bei vielen Frauen wird die Erwerbstätigkeit jedoch unterbrochen. Auch nach der Elternkarenz übernimmt die Frau den Großteil der sogenannten Care-Arbeit. Haushalt, Kinder, pflegebedürftige Angehörige – all das wird in Österreich zu zwei Drittel von Frauen erledigt. Aufgrund dieser Lebenssituation sind viele Frauen teilzeitbeschäftigt. Ein Job mit Führungsverantwortung lässt sich damit nur schwer vereinbaren.
Hohe Arbeitsbelastung: Die Möglichkeit zum Aufstieg ist in vielen Fällen nur gegeben, wenn lange Arbeitszeiten und viele Überstunden in Kauf genommen werden. Auch das ist ein Hindernis, das mit einem Erwerbsverlauf, der an die Care-Arbeit angepasst werden muss, für viele Frauen nicht überwindbar ist.
Diskriminierung: 22 Prozent der erwerbstätigen Frauen haben in den letzten drei Jahren diskriminierende Erfahrungen am Arbeitsplatz oder bei der Arbeitssuche erlebt. Teil dieser Diskriminierungserfahrung ist, dass Frauen seltener befördert werden als Männer.
Barrieren und mangelnde Unterstützung: Viele berufliche Netzwerke und Programme sind auf männerdominierten Strukturen aufgebaut. Frauen haben weniger Zugang zu Netzwerken, Coaching und Mentoring-Programmen, die ihnen helfen, ihre Karriere voranzutreiben und sich auf Führungspositionen vorzubereiten. Auch Unternehmenskulturen sind vielfach männerdominiert aufgebaut und es mangelt daran, Frauen zu ermutigen, Führungsverantwortung zu übernehmen. Frauen sind somit mit vielen unsichtbaren Barrieren, der sogenannten „gläsernen Decke“, konfrontiert, die sie daran hindern, in eine Führungsposition aufzusteigen.
Vorteile: Was spricht für Frauen in Führungspositionen?
Frauen in Führungspositionen bringen viele Vorteile mit sich, die positive Auswirkungen auf Unternehmen und Organisationen sowie auf die gesamte Gesellschaft haben.
Innovationskraft und finanzieller Erfolg
Mehr Frauen in Führungspositionen bringt Diversität in Unternehmen. Das hat den Vorteil, dass neue Perspektiven und Denkansätze eingebracht werden. Der Ideen- und Lösungspool eines Unternehmens steigt somit, was auch die Innovationskraft und die Wettbewerbsfähigkeit positiv beeinflusst. Viele Unternehmen sehen in einem diversen Team die Chance, höhere Umsätze zu erzielen.
Ökologische & soziale Nachhaltigkeit
Ein Anstieg des Frauenanteils in Führungspositionen nimmt auch Einfluss auf soziale Faktoren. Insbesondere das Bekenntnis für Corporate Social Responsibility (CSR) nimmt durch Diversität zu. Das betrifft Aktivitäten, Maßnahmen oder Projekte, die ein verantwortliches unternehmerisches Handeln kennzeichnen. Auch zeigt sich, dass Frauen, die eine Vorstandsfunktion einnehmen, nachhaltigere Investitionen tätigen. Das wirkt sich positiv auf den Wert eines Unternehmens aus. Ein Blick auf die österreichische Start-up-Szene zeigt, dass Gründerinnen deutlich stärker ökologische und soziale Aspekte in die Unternehmensziele mit aufnehmen als Gründer.
Chancengleichheit
Ein höherer Frauenanteil in Führungspositionen stärkt die Unternehmenskultur. Durch die gesteigerte Diversität kann eine inklusive und unterstützende Arbeitsumgebung geschaffen werden. Studien zeigen außerdem, dass ein höherer Anteil von Frauen in Führungspositionen Auswirkungen auf die Entlohnung hat und Einkommensunterschiede zwischen Mann und Frau reduziert werden.
Produktivität
Die Vielfalt im Unternehmen kann sich auch auf die Produktivität der Mitarbeiter_innen auswirken. So zeigt eine Performance-Analyse von 59 Banken in Spanien, dass die Produktivität der Mitarbeitenden steigt, sobald mindestens zwei Frauen in der Unternehmensführung tätig sind.
Personalzufriedenheit
Eine inklusive Arbeitskultur schafft eine Umgebung, in der sich Mitarbeiter_innen wohler fühlen. Dadurch steigt die Personalzufriedenheit sowie das Engagement und die Bindung zur Organisation.
Weibliche Führungsstile: Gibt es Unterschiede zwischen Mann und Frau?
Studien zeigen, dass es keine einheitlichen Unterschiede der Führungsstile von Mann und Frau gibt. So anders führen Männer und Frauen also nicht. Es können lediglich Aussagen über einzelne Tendenzen, die auf bestimmte Aspekte eines Führungsstils hinweisen, gemacht werden. Auch muss bei einer Unterscheidung von Mann und Frau als Führungskraft darauf geachtet werden, ob und inwiefern Rollenzuschreibungen in die Bewertung mit einfließen.
Einige Studien lassen jedoch gewisse Unterschiede in der Prioritätensetzung weiblicher und männlicher Führungskräfte erkennen. So legen viele Frauen beispielsweise mehr Wert auf ein langfristiges Wachstum des Unternehmens, Männer hingegen auf kurzfristige Gewinne. Auch die Personalzufriedenheit und Beziehungen zur Kundschaft stehen für weibliche Führungskräfte meist im Fokus. Das Einbeziehen der Mitarbeiter_innen steht für Frauen ebenfalls im Vordergrund. Dazu zählen eine ausgewogene Work-Life-Balance, individuelle Weiterbildungsmöglichkeiten sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Männliche Führungskräfte legen diesbezüglich meist größeren Wert auf finanzielle Belohnungen der Mitarbeiter_innen.
Fakt ist, dass beide Geschlechter erfolgreiche Führungskräfte sein können und vielmehr individuelle Stärken und Kompetenzen für den Erfolg als Führungskraft entscheidend sind als die Geschlechtszugehörigkeit.
Was braucht es, um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen?
Trotz Fortschritten in den letzten Jahren sind Frauen in leitenden Positionen immer noch unterrepräsentiert. Daher stellt sich die Frage, welche Ansätze notwendig sind, um eine vielfältige und inklusive Unternehmenskultur zu fördern.
Bottom-up-Ansatz
Beim Bottom-up-Ansatz werden Frauen auf unteren Organisationsebenen gezielt gefördert, damit sie ihr Potenzial ausschöpfen können und die eigenen Fähigkeiten ausbauen. Das kann beispielsweise mittels Mentoring, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen und einer gelebten Chancengleichheit im Unternehmen umgesetzt werden.
Durch diese Maßnahmen wird eine langfristige Veränderung der Unternehmenskultur bewirkt. Dies kann durch Sensibilisierung für Geschlechterstereotype, Abbau von Vorurteilen und die Schaffung einer inklusiven Umgebung geschehen.
Dieser Ansatz findet sich auch im AMS-Frauenprogramm wieder. Die einzelnen AMS-Maßnahmen widmen sich der Stärkung des Selbstbewusstseins und der Weiterbildung von Frauen, um die Gleichstellung von Mann und Frau in der Arbeitswelt zu fördern.
Trickle-down-Ansatz
Dieser Ansatz basiert darauf, dass Frauen, die eine Führungsposition innehaben, eine Vorbildwirkung für andere Frauen ausüben.
Konkret heißt das: Sind mehr Frauen in Führungspositionen erfolgreich, wird das zur neuen Normalität in einem Unternehmen. Dieses neue, veränderte Rollenbild bewirkt, dass Frauen in unteren Managementebenen dazu inspiriert werden, ähnliche Karrierewege anzustreben. Die positive Entwicklung in einem Unternehmen oder einer Organisation basiert somit auf zwei Dingen:
- auf der positiven Vorbildwirkung erfolgreicher Frauen in Führungsebenen und
- einer veränderten Unternehmenskultur, die für Vielfalt und Gleichberechtigung steht.
AMS-Angebote für Frauen
Das gesamte Aus- und Weiterbildungsangebot des AMS zielt auf eine berufliche Weiterentwicklung von arbeitslosen Menschen ab, um die Karriere- und Aufstiegschancen am Arbeitsmarkt zu verbessern. Auch eine Umschulung ist über das AMS möglich, wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt werden. Unterstützung auf dem Weg in die Selbstständigkeit wird durch das Unternehmensgründungsprogramm (UGP) des AMS geboten.
Zusätzlich hat das AMS ein Frauenprogramm entwickelt, das explizit frauenspezifische Themen adressiert. Durch dieses Maßnahmenangebot werden Frauen beim Wiedereinstieg ins Arbeitsleben, bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie bei der Berufswahl und Qualifizierung unterstützt. Individuelle Beratung und Karriereplanung erhalten Frauen österreichweit in den AMS-Frauenberufszentren.
Das FiT-Programm ist ein Ausbildungsprogramm, in dem arbeitslose Frauen eine Qualifizierung in handwerklichen, technischen oder IT-Berufen erhalten. Neben Berufsorientierung, Beratung und Begleitung sowie Praktika können Frauen im Rahmen dieses Programms eine Ausbildung mit Lehr-, Schul-, Kolleg- oder Bachelor-Abschluss absolvieren.
Die Gleichstellung von Mann und Frau fördert das AMS auch durch gezielte interne Maßnahmen, die bereits beim Recruiting beginnen. Von den über 6.000 Mitarbeiter_innen sind zwei Drittel Frauen. Auch der Führungsanteil von Frauen ist beim AMS sehr hoch: Insgesamt werden 55,3 % der Führungspositionen von Frauen besetzt (Stand 2022).
Fazit: Warum wir mehr Frauen in Führungspositionen brauchen
Den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen, heißt auch, ungenutztes Potenzial zu nutzen und eine inklusive Unternehmenskultur zu fördern. Die Förderung von Frauen in Führungspositionen ist damit nicht nur ein wichtiger Schritt zur Gleichstellung der Geschlechter, sondern kann große positive wirtschaftliche und gesellschaftliche Auswirkungen bringen. Um wettbewerbsfähig und langfristig erfolgreich zu bleiben, kann eine ausgewogene Vertretung von Mann und Frau in den Führungsebenen einen wichtigen strategischen Schritt darstellen.
FAQs
Sind Frauen in Führungspositionen erfolgreicher?
Ob eine Person als Führungskraft erfolgreich ist, entscheidet nicht das Geschlecht. Ausschlaggebend ist vielmehr die Diversität in den Führungsebenen. Studien zeigen, dass erfolgreich geführte Unternehmen Maßnahmen setzen, um eine Geschlechtervielfalt in Führungspositionen zu erzielen.
Warum gibt es wenige Frauen in Führungspositionen?
Dass Frauen vergleichsweise weniger oft Führungspositionen einnehmen, hat viele Gründe. Dazu gehören strukturelle Barrieren wie ungleiche Karrierechancen, mangelnde Vereinbarkeit von Beruf und Familie, geschlechtsspezifische Stereotype und Vorurteile sowie ein Mangel an Unterstützung und Förderung für Frauen in der Arbeitswelt.
Warum gründen Frauen seltener?
In Österreich sind 44 Prozent aller Selbstständigen weiblich. Es gibt viele Herausforderungen, mit denen Frauen bei der Unternehmensgründung konfrontiert sind. Dazu zählen das hauptsächliche Leisten von unbezahlter Care-Arbeit, ein geringerer Zugang zu Finanzierungsquellen sowie ein Mangel an Gründerinnen-Vorbildern und Mentorinnen.
Diese Seite wurde aktualisiert am: 06. August 2024