Familienarbeitszeit: gerechte Aufteilung von Arbeits- und Familienzeit zwischen Vater und Mutter

In Österreich übernehmen Frauen fast zwei Drittel der unbezahlten Care-Arbeit. Das könnte sich durch die Familienarbeitszeit ändern. Dieses Modell zielt darauf ab, dass die Zeit für Kinderbetreuung und Arbeit ausgewogen zwischen den Eltern aufgeteilt wird. Bisher wurde das Modell politisch noch nicht umgesetzt.

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Die Familienarbeitszeit ist ein Vorschlag von AK und ÖGB, um eine gerechtere Verteilung von Arbeit und Kinderbetreuung zu erreichen. Der Vorschlag ist in Österreich bisher noch nicht umgesetzt.
  • Das Modell der Familienarbeitszeit unterstützt Eltern, Familie und Beruf zu vereinbaren, indem beide Elternteile für einen gewissen Zeitraum die Arbeitszeit auf 28 bis 32 Wochenstunden anpassen.
  • Es ermöglicht Frauen und Männern gleichermaßen, ihre beruflichen Chancen zu nutzen und ihre Existenz langfristig zu sichern.
  • Das Modell zielt nicht nur auf Mütter und Väter ab, sondern ebenso auf Personen, die in der Familie pflegebedürftige Angehörige betreuen.

Familienarbeitszeit erklärt

Die Familienarbeitszeit ist ein Modell, das vom Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) und der Arbeiterkammer (AK) im Jahr 2021 vorgeschlagen wurde, um eine gerechtere Verteilung von Arbeit und Kinderbetreuung zwischen den Geschlechtern zu erreichen.

Das sind die Kernpunkte der Familienarbeitszeit:

  • Arbeitszeit: Nach der Karenz reduzieren bzw. erhöhen beide Elternteile ihre Arbeitszeit auf 28 bis 32 Wochenstunden.
  • Finanzielle Unterstützung: Jeder Elternteil erhält eine Pauschale von 250 Euro pro Monat, die steuerfrei ist.
  • Dauer: Die Familienarbeitszeit muss mindestens 4 Monate in Anspruch genommen werden. Die Pauschale kann maximal bis zum 4. Geburtstag des Kindes bezogen werden. 
Wichtig:

Auch für Alleinerziehende, die zwischen 28 und 32 Stunden arbeiten, sieht das Modell eine monatliche Pauschale von 250 Euro vor.

Unterschied zwischen Familienarbeitszeit und Elternteilzeit

In Österreich haben Eltern unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Elternteilzeit, um die Arbeitszeit nach der Karenz flexibler zu gestalten. Das Modell der Familienarbeitszeit soll als Ergänzung zur Elternteilzeit dienen, ist in Österreich jedoch noch nicht umgesetzt.

Wir zeigen Ihnen, worin genau die Unterschiede zwischen Familienarbeitszeit und Elternteilzeit bestehen: 

  • Kerninhalt der Elternteilzeit ist die Möglichkeit, die Arbeitszeit zu reduzieren oder zu verschieben, um dadurch Beruf und Familie besser vereinbaren zu können.
  • Im Fall einer Reduzierung muss die Arbeitszeit mindestens um 20 Prozent gemindert werden, die wöchentliche Arbeitszeit muss mindestens 12 Stunden betragen. Zusätzlich haben Eltern während der Elternteilzeit einen besonderen Kündigungs- und Entlassungsschutz. Bei der Familienarbeitszeit ist die Wochenstundenzahl mit mindestens 28 Stunden wesentlich höher.
  • Die Elternteilzeit kann, muss aber nicht von beiden Eltern genommen werden. Das Konzept der Familienarbeitszeit zielt auf beide Elternteile ab. 
  • Anspruch auf Elternteilzeit haben Mütter und Väter, sofern das jeweilige Arbeitsverhältnis bereits seit drei Jahren besteht und nicht unterbrochen wurde. Außerdem muss der Betrieb mehr als 20 Arbeitnehmer_innen beschäftigen. Diese Voraussetzungen gelten bei der Familienarbeitszeit nicht.
  • Der Anspruch auf Elternteilzeit besteht maximal für sieben Jahre, also bis zum 8. Geburtstag des Kindes. Die Familienarbeitszeit in Form der Auszahlung einer monatlichen Pauschale ist bis zum 4. Geburtstag des Kindes befristet. Eine finanzielle Unterstützung gibt es bei der Elternteilzeit nicht.
  • Die Zielsetzungen der beiden Modelle sind also sehr unterschiedlich: Die Elternteilzeit zielt darauf ab, dass Eltern ihre Arbeitszeit an die Kinderbetreuungspflichten anpassen können. Ziel der Familienarbeitszeit ist die gerechte und damit gleichmäßige Aufteilung von Arbeits- und Familienzeit zwischen Mutter und Vater.

Wie finanziert sich ein Familienarbeitszeit-Modell?

Ähnlich wie die Familienbeihilfe sollen die Kosten des Familienarbeitszeit-Modells durch den Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) getragen werden. In diesen Fonds zahlen alle Dienstgeber Österreichs, die im betreffenden Gebiet Dienstnehmer_innen angestellt haben, einen sogenannten Dienstgeberbeitrag ein.

Das Modell sieht vor, dass die Sozialversicherungsbeiträge dem Dienstgeber zum Teil über das AMS rückvergütet werden.

Beispiel:

Herr M. und Frau M. haben drei Kinder (2 Jahre, 4 Jahre und 5 Jahre). Herr M. arbeitet Vollzeit (38 Wochenstunden) und erhält ein Netto-Monatseinkommen von 1.920,09 Euro. Frau M. übernimmt den Großteil der Kinderbetreuung und ist im Ausmaß von 18 Wochenstunden teilzeitbeschäftigt. Ihr monatliches Nettoeinkommen beträgt 823,00 Euro. Das Haushaltseinkommen beträgt ohne Familienarbeitszeit 2743,09 Euro.

Herr M. reduziert im Rahmen der Familienarbeitszeit seine Arbeitszeit auf 30 Stunden, Frau M. erhöht ihre wöchentliche Arbeitszeit auf 28 Stunden. Daraus ergibt sich für die beiden folgendes Haushaltseinkommen:

Berechnung des Haushaltseinkommens mit Familienarbeitszeit:

Herr M., Teilzeit, 30 Stunden pro Woche

1.613,89 Euro

Familienarbeitszeit Pauschale für Herrn M.     

250,00 Euro

Frau M. Teilzeit, 28 Stunden pro Woche

1.278,56 Euro

Familienarbeitszeit Pauschale für Frau M.

250,00 Euro

Summe Haushaltseinkommen

3.392,45 Euro

Das verfügbare Haushaltseinkommen wäre mit der Familienarbeitszeit in diesem Fall somit um 649,26 Euro höher. 

Vor- und Nachteile

Wie jedes Modell hat auch die Familienarbeitszeit sowohl Vor- als auch Nachteile. Wir haben uns das Pro und Kontra für Arbeitnehmer_innen und Arbeitgeber genauer angesehen:

 Vorteile für Arbeitnehmer_innen: 

 Nachteile für Arbeitnehmer_innen: 

  • Förderung von Gleichberechtigung: Durch die Veränderung bei der Aufteilung der Arbeits- und Kinderbetreuungszeiten zwischen Müttern und Vätern kann die Familienarbeitszeit für Frauen den Wiedereinstieg nach der Karenz erleichtern. Das führt zu einem höheren Lebenseinkommen von Frauen. Dadurch erhöht sich auch der Pensionsanspruch und das Risiko der Altersarmut bei Frauen wird reduziert.
  • Eventueller Gehaltsverlust: Für Gutverdienende, die Vollzeit arbeiten, kann die Familienarbeitszeit aufgrund der Reduzierung der Arbeitszeit zu einem spürbar niedrigeren verfügbaren Einkommen führen.
  • Finanzielle Unterstützung: Die monatliche Pauschale in der Höhe von 250 Euro pro Elternteil kann für viele Eltern sehr wichtig sein, um das Haushaltsbudget aufzustocken.
  • Kinderbetreuung: Die Betreuung der Kinder kann bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 28 bis 32 Stunden pro Elternteil für viele schwer mit dem Beruf vereinbar sein.
  • Bessere Work-Life-Balance: Arbeitnehmer_innen können ihre Arbeitszeit flexibler gestalten, das reduziert das Stressniveau und verbessert die Lebensqualität.
 
  • Familienfreundliche Arbeitszeiten: Durch die reduzierte Arbeitszeit haben Mütter und Väter mehr Zeit für die Familie.
   

Die Einführung der Familienarbeitszeit als Arbeitsmodell bringt auch für Arbeitgeber sowohl potenzielle Vorteile als auch mögliche Nachteile:

 Vorteile für Arbeitgeber: 

 Nachteile für Arbeitgeber:

  • Motivierte Mitarbeiter_innen: Durch familien-
    freundliche Maßnahmen wie die Familienarbeitszeit können Arbeitgeber zufriedene Mitarbeiter_innen gewinnen und halten.
  • Zusätzliche Kosten: Die Implementierung eines neuen Modells wie der Familienarbeitszeit kann für Betriebe zusätzliche Kosten verursachen, beispielsweise Kosten für Schulungen oder organisatorische Anpassungen.
  • Höheres Arbeitgeberimage: Unternehmen, die flexible Arbeitsmodelle anbieten, werden oft als attraktive Arbeitgeber wahrgenommen und können sich im Wettbewerb um neue Arbeitskräfte positiv abheben.
  • Planungsschwierigkeiten: Die flexible Gestaltung der Arbeitszeiten kann zu Herausforderungen in der Personalplanung führen, insbesondere wenn es um die Abdeckung von Schichtarbeit oder Projekten geht. 

Fazit

In Österreich arbeiten 50,6 Prozent der Frauen in Teilzeit (Stand: 2023). Bei den Männern ist die Teilzeitquote viel geringer, nur 13,4 % der erwerbstätigen Männer sind teilzeitbeschäftigt. Dieses Verhältnis kann sich durch ein Modell wie die Familienarbeitszeit langfristig ändern und zu mehr Gleichberechtigung am Arbeitsplatz führen. Denn es gibt Vätern die Möglichkeit, aktiver an der Kindererziehung teilzunehmen, und unterstützt Mütter dabei, ihren Beruf nach der Karenz fortzusetzen und potenziell ihr Einkommen zu erhöhen. Damit können moderne Arbeitsmodelle eine Schlüsselrolle bei der Förderung der Gleichstellung der Geschlechter spielen. Sie können dazu beitragen, traditionelle Rollenbilder aufzubrechen und eine ausgewogene Aufteilung der Verantwortlichkeiten in der Familie zu fördern.

Diese Seite wurde aktualisiert am: 25. Oktober 2024